Alles fährt Ski, alles fährt Ski, Ski fährt die ganze Nation! Bloss ich nicht. Ich habe es nämlich nie gelernt. Wieso nicht? Nun, um das auszuführen, müssen wir 22 Jahre in die Vergangenheit reisen. Die damals vierjährige Sandra und ihr Vater waren entschlossen, Skifahren zu lernen bzw. zu lehren. Angefangen hatte alles noch hoffnungsvoll, doch das Vorhaben war leider zum Scheitern verurteilt. Lange Rede, kurzer Sinn: Nach gut einer Stunde hatte klein Sandra keine Lust und Papa Hans – verständlicherweise – keine Nerven mehr. Man vertagte das Unternehmen auf ein anderes Mal. Wir vertagten es 22 Jahre…

Doch im Winter 2016/2017 sollte alles anders werden! Ich wollte trotz des Morbus Bechterew und den damit verbundenen Risiken endlich Skifahren lernen! Gesagt, getan. Oben auf dem Berg angekommen, stellte ich mich den Herausforderungen des neuen Hobbies. Herausforderung Nummer 1: Ich kam nicht in die Skischuhe rein. Nach gefühlten Stunden des Quetschens und Drückens steckte ich aber dennoch in den Schuhen, und es konnte losgehen. Fast. Denn genau in diesem Moment kam mir die Aussage einer Freundin in den Sinn, die meinte: «Mach dir keine Sorgen, Hinfallen ist normal und gehört am Anfang dazu!» Ähm… Hinfallen wäre für mich aufgrund der Krankheit aber schon irgendwie ein Problem. Die ersten Zweifel machten sich breit. War das eine gute Idee? Kennst du andere Patienten mit Morbus Bechterew, die Skifahren? Eigentlich nicht. Kannst du alleine wieder aufstehen, wenn du hinfällst? Keine Ahnung…

Einsichten mit Aussicht

Nach einigen zaghaften Versuchen musste ich etwas frustriert feststellen, dass mein Vorhaben unter keinem guten Stern stand. Ich habe mich glücklicherweise zwar nicht verletzt, aber hatte dennoch ziemlich Schmerzen. Es waren einfach die falschen Bewegungen für mich.

Wenig später sass ich auf der Terrasse der Skihütte und erholte mich bei einer Tasse Grüntee von den Strapazen. Ich genoss die wärmenden Sonnenstrahlen im Gesicht und beobachtete die Menschen, die begeistert losfuhren, lachten und ganz offensichtlich eine gute Zeit beim Skifahren oder Snowboarden hatten. Mein Blick schweifte über das atemberaubende Panorama und ich wurde nachdenklich: Schieben wir im Leben zu viel auf? Lassen wir uns vom Gedanken, für alles noch ewig Zeit zu haben, in die Irre führen? Nehmen wir zu vieles im Leben als selbstverständlich hin?

Keine Lust, klein beizugeben

Hätte ich mich damals als Vierjährige durchgebissen, hätte ich vielleicht 20 Jahre lang mehr oder weniger schmerzfrei Skifahren können. Ich hätte wie all die Menschen, die vor mir den Berg runterdüsten, eine gute Zeit haben können. Ich wurde etwas traurig und auch ein bisschen neidisch. Es scheint mir, als hätte ich erst in diesem Moment wirklich begriffen, dass mir der Morbus Bechterew auch Dinge nehmen kann. Das klingt jetzt blöd, ich weiss, aber ich hatte mich bis anhin immer gegen die Einschränkungen gewehrt – mit Erfolg. Aber jetzt war ich mit dieser Machtlosigkeit konfrontiert. Und ich ärgerte mich über mich selbst. Schliesslich wusste ich ja, dass es auch so kommen könnte. Oder ich hätte es wissen müssen. Aber der vierjährige Dickkopf, der damals entschieden keine Lust mehr hatte, weiter zu üben, hatte eben genauso keine Lust, der Krankheit klein beizugeben. Aber jetzt musste ich, und das schmeckte mir gar nicht. Genauso wenig, wie mein Grüntee, der in der Zwischenzeit kalt geworden war. Und da war’s dann wieder: Hätte ich ihn doch gleich getrunken…

Ich habe mir also fürs neue, noch junge Jahr einen Vorsatz genommen. Und im Gegensatz zu vielen anderen Vorsätzen, habe ich vor, diesen auch umzusetzen. Ich werde nichts mehr einfach aufschieben. Denn wer weiss schliesslich, was das Leben noch bringt? Womöglich haben wir zu einem späteren Zeitpunkt keine Möglichkeit mehr, es zu tun.