«Sie haben Rheuma…», sagte der Arzt zu mir. – Ich denke, ich musste es einfach noch «von offizieller Seite» hören.
«Dir fällt dann schon ein, was du dann machst!», sagte ich mir. – Mir fiel nichts ein…
Gähnende Leere im Kopf für etwa zehn Sekunden, bis der Arzt sagte: «Sie müssen nun vieles in Ihrem Leben ändern! Das ist Ihnen doch klar, oder?» War mir das klar? Wollte ich das überhaupt? Ich bin Mitte 20. Ich will bis nachmittags um 14 Uhr schlafen, zelten gehen oder reiten gehen. Sollte ich das jetzt alles über den Haufen werfen? Nein. Und das habe ich auch nicht…
Nicht aufgeben – dies ist nun mein festes Lebensmotto. Ich reite nach wie vor leidenschaftlich gerne, ich gehe regelmässig ins Fitnessstudio und versuche im Allgemeinen, mir von dieser Krankheit nicht das Leben bestimmen zu lassen. Vor allem nehme ich zurzeit aber keine Medikamente, was wohl vieles erleichtert, auch psychisch. So hat es mir meine Mutter vorgelebt.
Mahatma Gandhi sagte: «Stärke wächst nicht aus körperlicher Kraft – vielmehr aus einem unbeugsamen Willen.» Ich habe vielleicht nicht jeden Tag diese körperliche Kraft, aber ich habe diesen Willen. Den Willen, mein Leben so zu gestalten, wie ich das möchte – und nicht unter der Diktatur einer Krankheit einzubrechen. Das gelingt mir meistens.
Alles zu locker?
Mein Vater war zuerst sehr geschockt und sagt mir nun häufiger, ich sähe alles ein wenig zu locker. Vielleicht sogar leichtsinnig. Vermutlich hat er damit sogar Recht, aber im Moment muss ich das, glaube ich, sogar so locker sehen, um überhaupt irgendwie damit umgehen zu können. Ich glaube, jeder Patient hat seine eigene Methode, damit umzugehen und meine ist, alles so weiterlaufen zu lassen wie bisher. Sofern das möglich ist.
Zugegeben, ich kann nicht mehr bis um 14 Uhr schlafen (konnte ich allerdings nie, ich bin wohl einfach kein Langschläfer). Einerseits verpasse ich dann die Uni, andererseits kann ich nach sechs Stunden sowieso nicht mehr liegen, also stehe ich meist früh auf. «Bleibt mehr Zeit für andere Dinge!», sagt der optimistische Teil von mir und stürzt sich mit Tatendrang in den Tag! Sofern ich aufstehen kann…
Das sind die nicht ganz so tollen Momente des Tages. Da fühle ich mich wie 85, nicht wie 25. Die Stühle an der Uni sind nach spätestens 30 Minuten eine Qual für mich, Stiefel sind mir an den Waden meist zu eng (hier gebührt der Dank dem Wasser in meinen Beinen, mit denen ich lieber meine Blumen giessen würde als sie mit mir rumzutragen) und regelmässige Bindehautentzündungen lassen mich aussehen wie Pablo Escobars bester Kunde. Sie sehen: Nicht alles macht Spass.
Positive Einstellung hilft
Es gibt aber auch sehr viele, wirklich witzige und schöne Momente. Als ich meinen Freundinnen erzählte, was los war, war ihre Reaktion erst ziemlich verhalten. Sie wussten wohl einfach nicht, was zu sagen ist. Was ich verstehen kann, wusste ich ja auch nicht. Seither aber werde ich mit sehr viel Rücksicht und einer grossen Portion Humor behandelt. Ich liebe das. Bloss kein Mitleid! Und Vorteile hat das auch! Wenn wir etwas trinken gehen, darf ich immer auf der Bank sitzen – wegen der vielen Kissen! Yes!! Man muss es mit Humor nehmen. Auch wenn das jetzt seltsam klingt, aber Situationen wie meine zeigen einem deutlich, wer wirklich zu einem steht.
Mir ist jedoch etwas bewusst, auch wenn ich die Situation so locker wie möglich nehme: Es kann sich schnell alles ändern. Ich hoffe darauf, dass mir dann meine positive Einstellung und mein Umfeld helfen werden, auch das zu meistern.
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